Einleitung

Inzwischen haben Sie vielleicht die ersten Ideen für lösungsorientierte Geschichten. Wie können Sie sicherstellen, dass sie was taugen?

Wie mit jeder anderen Geschichte auch, muss man die Idee evaluieren.

Erstens folgt man den Richtlinien für guten Journalismus und versucht bei der Berichterstattung, unterschiedliche Perspektiven zu beleuchten. Man interviewt auch Menschen, die kein eigennütziges Interesse am Resultat haben. Man berücksichtigt, woher Gesprächspartner ihre Einnahmen beziehen. 

Die Beurteilung, was eine gute Lösungsgeschichte ausmacht, ähnelt den Kriterien für eine gute Problemgeschichte: Was ist passiert und woher wissen wir, was passiert ist? Der Unterschied liegt in den angenommenen Konsequenzen für Fehler, die einem unterlaufen können. Etwas als Problem zu identifizieren und damit daneben zu liegen, gilt im Journalismus als Fehlverhalten. Zu behaupten, dass eine Lösung funktioniert und damit daneben zu liegen, ist ein Verbrechen. „Zu leichtgläubig“ ist eine der schlimmsten Vorwürfe, die man einem Journalisten machen kann. Wie also vermeidet man das? 

 

Kein Hype!

 

Suggerieren Sie nicht, dass ein Problem gelöst ist – das ist es in den allermeisten Fällen nicht. Tönen Sie nicht, das sei die allerbeste Lösung – denn wie können Sie da sicher sein? Sagen Sie nicht voraus, dass die Lösung dauerhaft ist – womöglich wird sich das ändern. Beschränken Sie sich auf das Berichten von Fakten: Hier passiert etwas, und hier ist die Beweislage. Genau wie bei traditionellen Berichten bestehen „Beweise“ nicht nur aus Daten. Man findet sie auch in Interviews und beim Herumlaufen in der Stadt, eben mit all den Methoden, mit denen Journalisten Informationen sammeln. Keine Lösung ist perfekt. Stellen Sie sicher, dass Sie über Begrenzungen und Schwierigkeiten berichten.

Diese Vorsicht schützt Sie. Wenn Sie keine unbewiesenen Behauptungen aufstellen, müssen Sie nicht befürchten, dass die Berichterstattung mit Aktivismus verwechselt wird. Wenn ein Lösungsansatz einige Monate später scheitert, stehen Sie nicht als naiv dar, weil Sie einfach über den aktuellen Stand der Dinge berichtet haben.

Diese Richtlinien sind befreiend. Sie müssen keine Rangliste von Lösungsansätzen aufstellen und die Nummer Eins finden. Es steht Ihnen frei, über Lösungen zu schreiben, die nur teilweise erfolgreich sind – oder die fehlschlagen, solange es ein interessanter, wichtiger oder lehrreicher Misserfolg ist und Sie dem Leser erklären können, warum Sie darüber berichten (siehe auch den Absatz über das Scheitern). Sie suchen einfach nach einer guten Geschichte.

Gegenstimmen einholen

 

 

 

Es ist außerordentlich wichtig, für eine Lösungsgeschichte die Stimmen gut informierter Skeptiker einzuholen. Sich unterschiedliche Perspektiven anzuhören und sie miteinzubeziehen – vor allem, wenn es für ein Thema noch recht wenig stichfeste Beweise gibt – wird dem Bericht mehr Gewicht verleihen.

 

 

Daten als Ausgangspunkt benutzen

 

Wie wir im Absatz über Daten anmerkten, gibt dieses Vorgehen mehr Sicherheit. Aber natürlich können Eigeninteressen schon beim Sammeln und Verteilen der Daten eine Rolle gespielt haben.

Interviewpartner sind oft übereifrig, wenn Sie mit Journalisten über Lösungen reden wollen. Aber Sie sollten nicht alles glauben, was sie sagen. Seien Sie besonders vorsichtig. Sammeln Sie für jede Erfolgsbehauptung Beweise.

“Es muss sich um ein bekanntes Problem handeln oder eine allgemeine Übereinstimmung, dass etwas ein Problem ist. Schauen Sie sich die Lösungsansätze an. Es muss einen Weg geben, die Effektivität zu messen. Wenn die Beweise nur aus Anekdoten bestehen und Zitaten von Menschen, die sagen, „Oh, das ist super!“ reicht das nicht. Wir brauchen eine Methode, das nachzuweisen. Wenn die Lösung nur daraus bestand, dass jemand eine Menge Geld aufbrachte, sind wir eher nicht daran interessiert, denn das macht es für viele vergleichbare Orte nicht möglich, die Lösung auszuprobieren oder zu reproduzieren. Das bringt uns zu einem weiteren Kriterium: Ist die Antwort oder der Lösungsansatz reproduzierbar? Kann sie woanders nachgemacht werden?“

Janet Horne Henderson portrait
Janet Horne Henderson
The Seattle Times